Humboldt – Berlin – Forum


Einsam wirkte er! Ich fühlte mich veranlasst ihm etwas ins Ohr zu flüstern – soeben wie es Leute in indischen Tempel tun: ich anerkenne dein Geheimnis, und irgendwann gibt es auch hier es wieder bewegtes Leben, solches, welches auch dich kennt!’ Nandi schaut ins Nichts anstelle auf Shiva zu blicken.

Ich möchte sofort dort tanzen, erzählen, vortragen – meine Geschichten könnten dort eine Heimat finden…aber,

bombastisch hat die Stadt Berlin ein neues Museum neben der Museumsinsel kreiert, ein ehemalige Herrscher schaut pompös vom Seiteneingang des neuaufgebauten Stadtschlosses durch übergroße Eingangsportale – dahinter man – ja was eigentlich? – bestimmt irgendwas Großes erwartet. Berühmte Menschen sollen hier tanzen, vortragen, erzählen, aber welche sind das, und zu welchem Thema?
Ich jedenfalls empfinde von seiner Statue geht jene patriarchalen Gewalt aus die den Kolonialismus erst möglich machte,

und dieser ehemalige preussische Herrscher will er Geschichten der Imagination hören? Passt das zu ihm? Von seiner neuen Statur her geht es um: ‘Wir sind wer, wir sind mächtig, wir sind Welthauptstadt! Wir sind die deutsche Nation.’

Also besuche ich im ersten Stock die Ausstellung ‚Nach der Natur’…

und was ist nach der Natur? Da ist eben das Nix!
Interessant gemacht, aber ich suche den roten Faden. Einerseits wird mit chirurgischem Eingriff ein Menschenleben gerettet, genau gerade als die Katastrophe in Tschernobyl stattfand. Und klar, mit der chemischen Farbe begann das Unnatürliche, (da chemischen Farben giftig sind, lassen wir sie heute in Bangladesch färben, wo das alles noch in die Flüsse darf) es wird dargestellt und es werden Fragen aufgeworfen – ist die Moderne Segen oder Bedrohung? Ein Mix aus Gedanken, die als Film von Leinwänden erklingen, die zum Nachdenken bewegen. Die Fragen sind eigentlich bekannt,

aber die Antworten?

wie und was ist der Weg aus diesem Kreislauf der Ausbeutung, das wäre mal ein Ausstellung wert: Nach der Natur und ihrer natürlich lebenden letzten Waldmenschen , ja was kommt da? … nix!

Können Menschen in der Stadtmitte von Berlin von Museum zu Museum wandern, ohne dazwischen Leben zu spüren? Und was für große Plätze vor und neben dem Forum, welche Bedeutung haben sie, wer soll diese mit Geschehen füllen?

Die Aufarbeitung des Kolonialismus. Wo ist sie? Woher und wie sind die indischen Götter im dritten Stock, diese Schönheiten, diese einst belebten Dinge, hierher gekommen?

Nicht würdig, in Reih und Glied mit nüchtern erklärenden Schildern daneben, stehen Shiva, Parvati, Vishnu und Nandi. Dann die vielen Buddhas. Niemand war da, um sie mit frischen Blumen zu ehren, wie im Nix, im leeren Raum, wurden sie in stickigen Plätzen abgestellt, so stickig wie Museen eben so sind. Nachdem ich die chinesischen, japanischen und indischen Kunstgegenstände aus anderen Welten und Zeiten gesehen hat, bin ich betrübt, wie tot der Ritus, für den sie kreiert wurden, geworden ist. Ich bin die einzige Besucherin in den riesigen Räumen.
Und das soll die moderne Aufarbeitung des Umgangs mit Göttern anderer Kulturen und dem kolonialen Denken sein? Moment mal, denke ich, hier stimmt was nicht.

Die Dachterrasse aber ist gelungen und wundervoll. Der Rund-um-blick auf die sich entwickelnde Stadt. Das Restaurant serviert Bärlauch Spagetti, ganz der Jahreszeit und Umwelt entsprechend. Lebendig ist es dort oben.

Unten, vor dem Hauptausgang steht die große Kopie eines der vier Eingangsportale zum buddhistischen Stupa (von Sanchi?) Soll sie dem gigantischen Dom gegenüber sagen, unsere Religion gibt es auch? Doch geht man durch das Portal durch, ist da wieder mal nix.

Ich frage mich, wer heizt die großen leeren Räume und Foyers und Treppensäle im Winter? Dann stelle ich mir ein nach neusten Umweltstandards gebautes klimaneutrales Gebäude mit Gras Dach und Solarzellen und Windmühlen vor…darin Wohnungen für ausgewählte Flüchtlinge aus allerlei Ländern die den Auftrag habe, hier jeweils ein Restaurant mit ihrer Heimatküche und eine Stätte ihre (bedrohten und untergehenden) Kultur zu beleben…welch Ereignis das für Berlin wäre!

Warum haben jene, von uns Gewählte, die das Sagen haben so wenig Imagination? So wenig Durchsetzungskraft, so wenig Mut?

IIn der Natur, Mittsommer time 23 – niemals, nie und niemals ‘nach der Natur’ oder ‘Natur im Kopf’.

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