Beten

Dieses Bild lässt mich nicht los: Netanjahu und amerikanische Außenminister Rubio beten an der historischen Klagemauer. Was beten sie? Für das Ende des Kriegs, für mehr Macht, für die Vergebung ihrer Sünden? Oder, und das entspricht wahrscheinlich mehr der Wahrheit…sie beten nicht, sie tun nur so. Es ist Propaganda, ein religiöses Bild für die Massen, reine Schau.

Beten ist allgemein auch immer mit dem Bitten um etwas verbunden. Ich bete meistens anders:  So stehe ich im Wald und sehe den Sonnenstrahlen zu, wie sie durch die Bäume dringen. Wie sie magische Bahnen mit tausenden von Lebewesen aus Leuchtkörper sind. Dann danke ich für diese Schönheit, die ich gerade erfahren darf. Ich danke oft und das wird für mich zum innigen Gebet. Ich nehme mal an, es kommt durch die Schulung mit dem Indischen Tanz. Er ist meistens eine Lobpreisung der kosmischen Kraft, der Natur, die das Göttliche präsentiert.

Ich könnte natürlich beten ‚Gott, lass die Umweltverschmutzer mit dem Dreck aufhören, den sie auf die wundervolle Erde und in die Meere kippen‘, aber so ein Gedanken mit der Kraft des Betens zu verbinden kommt mir nicht so in den Geist. Eher wie Rilkes Gedicht, das zwar bittet aber gleichzeitig das Wunder offenbart:

‚Herr, es ist Zeit…

Befiel den letzten Früchten voll zu sein;

gib ihnen noch zwei südlichere Tage,

dränge sie zur Vollendung hin und jage

die letzte Süße in den schweren Wein.‘

Beten diese Politiker vielleicht doch, z. B. ‚Sieg über die Feinde?‘ Wer aber sind ihre Feinde?  Unschuldige Kinder? Der Acker des Kleinbauern? Die humanitären Helfer? Das Gemüsebeet vor dem Haus eines Lehrers, der auch von der Hamas gegängelt wird oder wurde?

Diese Politiker gleichen Gefängnisverwaltern, die Menschen in Gefängnissen sehen, damit sie sie beherschen und zu etwas zwingen, indem sie sie drangsalieren.

Wie rein und gut die christliche, mehr weiße Klasse, in den USA sich derzeit inszeniert, wie ein Jude sich an der Klagemauer vorführt, wie manche Muslime sich als Opfer in die Luft sprengen und andere mitreißen, alles das ist ein unglaubliches Theater. Alle Weltreligionen scheinen ein inszeniertes Drama ihres eigenen Leides aufzuführen. Wo ist die Erfahrung der Verbundenheit aller Dinge, der Ganzheit?

 Es fehlt die Ehrfurcht.

Auch die Übenden und Lehrenden von Yoga beginnen dieses Drama sich darzustellen, als etwas zu inszenieren. Ehrfurcht ist die gesunde Basis von Yoga und dazu ein große Portion Bescheidenheit.

Genau das fehlt. Überall, in allen Gruppierungen.

Die Kriege sind längst verloren: Israelische Soldaten kommen traumatisiert aus dem Einsatz, schlagen ihre Frauen, stoßen ihre Kinder weg, sind im dumpfen Starrsinn und nicht mehr integrierbar in die Gesellschaft. (Meine Generation kennt es von unseren Vätern, die aus dem 2. Weltkrieg zurückkamen) Das gleiche Schicksal haben russische, ukrainischen oder sudanesischen Soldaten. Sie alle machen sichtbar, wie der Krieg nur Verlierer schafft – Menschen, die nie mehr die Schönheit der Erde lobsingen können. Sie werden auch nicht mehr bitten können um Erlösung von dem, was war, sie werden nicht mehr beten können.  Niemand kann den Krieg gewinnen. Nur die Politiker, die neue Grenzen aufziehen und das als Gewinn verkaufen. Und sich selbst als allmächtige Bestimmer, als Gottgleich fühlen.

Ramayana zeigt ein Rama, der nach dem großen Krieg gegen den Dämon ins Wasser geht, um sich selbstaufzulösen. Mahabharata ist ein großes Antikriegsepos. Am Schluss fragen sich alle Beteiligten, für was dieser endlose Krieg war (Die Bhagavat Gita nicht als Aufforderung zum Krieg nehmen – das hat schon Hitler getan – das Schlachtfeld ist eine Aufstellung der Gedanken, dass man spontan so oder anders handeln muss) Die Gita nicht isoliert von dem gesamten Epos, in das sie eingebettet ist, lesen; denn am Ende beschreibt das Mahabharata die Sinnlosigkeit des Krieges auch wenn es darum ging die Gerechtigkeit wieder herzustellen, bleiben nur Verlierer. Mütter ohne Söhne, Väter als Krüppel und unzeitig gestorbene Menschen.  Der reine Wahnsinn ist der Krieg.

Beten für das Bewusstsein des Friedens, des Glaubens jenseits von Inszenierung und Massenkult.

Eine Libelle schwirrt im Altweibersommer über den Teich

an einem letzten sonnigen Tag. Mein Gebet:

Danke.

 

I cannot get this image out of my head: Netanyahu and US Secretary of State Rubio praying at the historic Wailing Wall. What are they praying for? For an end to the war, for more power, for forgiveness of their sins? Or, and this is probably closer to the truth… they are not praying, they are just pretending. It is propaganda, a religious image for the masses, pure show.
Prayer is generally always associated with asking for something. I usually pray differently: I stand in the forest and watch the sunbeams shining through the trees. How they form magical paths with thousands of living beings made of light. Then I give thanks for this beauty that I am privileged to experience. I give thanks often, and for me this becomes a heartfelt prayer. I suppose it comes from my training in Indian dance. It is mostly a praise of cosmic power, of nature, which presents the divine.
Of course, I could pray, “God, make the polluters stop dumping their filth on the wonderful earth and into the seas”, but combining such a thought with the power of prayer does not come to mind. It is more like Rilke’s poem, which asks but at the same time reveals the miracle:
‘Lord: it is time…

Bid the last fruits to be full,

give them another two more southern days,

press them to ripeness, and chase

the sweetness into the heavy wine’.

Perhaps these politicians do pray, for example, “Victory over our enemies?”

But who are their enemies? Innocent children? The small farmer’s field? The humanitarian aid workers? The vegetable patch in front of the house of a teacher who is or was also bullied by Hamas?
These politicians are like prison wardens who see people in prisons so that they can control them and force them to do something by harassing them.
How pure and good the Christian, mostly white class in the USA currently presents itself, how a Jew shows off at the Wailing Wall, how some Muslims blow themselves up as victims and take others with them – all of this is incredible theatre. All world religions seem to be staging a drama of their own suffering. Where is the experience of the connectedness of all things, of wholeness?
There is a lack of reverence.
Even those who practise and teach yoga are beginning to portray this drama as something to be staged. Reverence is the healthy basis of yoga, along with a large dose of humility.
That is exactly what is missing. Everywhere, in all groups.
The wars have long been lost: Israeli soldiers return from deployment traumatised, beat their wives, push their children away, are mired in dull stubbornness and can no longer be integrated into society. (My generation knows this from our fathers who came back from World War II.) Russian, Ukrainian and Sudanese soldiers suffer the same fate. They all show how war only creates losers – people who will never again be able to pray or love.

No one can win the war. Only politicians who draw new borders and sell it as a victory. And feel themselves to be almighty rulers, godlike.

Ramayana shows Rama entering the water after the great war against the demon in order to dissolve himself. Mahabharata is a great anti-war epic. In the end, all those involved ask themselves what this endless war was for (do not take the Bhagavad Gita as a call to war – Hitler already did that – the battlefield is a collection of thoughts that one must act spontaneously in one way or another). Do not read the Gita in isolation from the entire epic in which it is embedded, for in the end, the Mahabharata describes the futility of war: even if it was about restoring justice, there are only losers. Mothers without sons, fathers as cripples, and people who died prematurely. War is pure madness.
Pray for the awareness of peace, of faith beyond staging and mass culture.

A dragonfly buzzes over the pond

on an Indian summer, on one last sunny day. My prayer:

Thank you.

 

Photos are copied from The Guardian

Translated with DeepL.com (free version)

 

 

Ein Kommentar

  1. Danke für diese Gedanken….

    Mir fällt dazu auch etwas ein. Wir stellen immer die Politiker und Popstars in den Mittelpunkt. Wir sind wie gefesselt durch die Bilder, die Massenmedien und die Propaganda. Einer war da klüger, er war ein großer Meister, erleuchtet und voller Weisheit: Loriot.
    Er antwortete auf die Frage, warum in seinen Filmen keine Politiker vorkommen: Wir leben in einer Demokratie, dehalb kritisiere ich die Wähler.

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