Packed. All 916 seats, average age: approximately 26 to 40. I was about the only one with white hair. What vibes! It was a completely different atmosphere compared to literature readings at Literaturhäuser in Germany. At least half of the audience was non-white — but skin color suddenly made no difference. It was the shared ground, the theme, that connected us.
I had heard Ocean in Berlin once before, in a small avant-garde venue — an ancient catacomb. There, he was intense, reading his poetry, singing it, revealing all his vulnerability. It touched me. What an authentic person. He wasn’t showing off his queerness or announcing it. He was comfortably natural, simply himself: a human being standing against male dominance — a dominance rooted in violence, the kind that often sells books. But this was a different kind of author.
I wondered: How would he present himself outside the intimate space of an avant-garde reading? He looked physically stronger now, more well-known — with fans waiting in extremely long queues for his autograph afterwards. A star!
He read only a few lines from his new book, with his melodious voice. He portrayed the suffering of young people — kids between 12 and 15, on artificial pills, hallucinating, becoming addicted. It’s a brave, epic work about what it means to live on the fringes of society and to come to terms with the wounds that haunt our collective soul.
An hour-long discussion followed with author and critic Mendez. It focused on the suffering of people in American society, which Ocean says is built on the genocide of Native peoples and the trafficking of enslaved people. He questioned what the ‚American Dream‘ really means — and why it’s so important. After all, there is no German Dream, or British Dream, or Vietnamese Dream. Literature that presents the edge.
The evening was an eye-opener for me: I suddenly knew that I have to write a foreword to my English manuscript before bringing it to market. I realized how to help young people understand what I want to say with my story — ‚what is the ground on which the flowers of a story grow,‘ as Ocean beautifully put it.
It’s wonderful that we now have an apartment right next to our family, just above our grandson’s school. I used to dream of that — and the wonder is: it happened! So now we can pick up our grandson from school, as his parents are in new jobs and always on the go.
Connecting in the vast, vast web of London is a new and difficult challenge.
Vollbesetzt. Alle 916 Plätze, das Durchschnittsalter: etwa 26 bis 40. Ich war fast die Einzige mit weißen Haaren. Was für eine Stimmung! Es war eine völlig andere Atmosphäre als bei Literaturlesungen in den Literaturhäusern Deutschlands. Mindestens die Hälfte des Publikums war nicht weiß – aber plötzlich spielte Hautfarbe keine Rolle mehr. Es war das Gemeinsame, das Thema, das uns verband.
Ich hatte Ocean bereits einmal in Berlin erlebt, in einem kleinen avantgardistischen Ort –einer alten Katakombe. Dort war er intensiv, las seine Gedichte, sang sie, zeigte all seine Verletzlichkeit. Das hat mich berührt. Was für ein authentischer Mensch. Er stellte seine Queerness nicht zur Schau, er war ganz selbstverständlich er selbst: ein Mensch, der sich gegen die männliche Dominanz stellt – eine Dominanz, die auf Gewalt beruht und sich oft gut verkauft. Doch hier saß ein anderer Typ Autor.
Ich fragte mich: Wie würde er sich außerhalb dieses intimen, avantgardistischen Rahmens präsentieren? Er wirkte körperlich stärker, ist heute berühmter – Fans stehen in langen Schlangen, um ein Autogramm von ihm zu bekommen. Ein Star!
Er las nur ein paar Zeilen aus seinem neuen Buch, mit seiner melodischen Stimme. Er zeichnete das Bild leidender junger Menschen – Kinder zwischen 12 und 15, auf künstlichen Drogen, halluzinierend, süchtig werdend. Es ist ein mutiges, episches Werk darüber, was es bedeutet, am Rand der Gesellschaft zu leben und sich den Wunden zu stellen, die unsere kollektive Seele heimsuchen.
Es folgte eine einstündige Diskussion mit dem Autor und dem Kritiker Mendez. Sie drehte sich um das Leid in der amerikanischen Gesellschaft, die – so Ocean – auf dem Genozid an den indigenen Völkern und dem Sklavenhandel aufgebaut ist. Er stellte die Frage: Was bedeutet eigentlich der „American Dream“ – und warum ist er so wichtig? Schließlich gibt es keinen deutschen Traum, keinen britischen Traum und auch keinen vietnamesischen Traum.
Literatur, die den Rand der Gesellschaft sichtbar macht.
Es ist wunderbar, dass wir jetzt eine Wohnung direkt neben unserer Familie haben – direkt über der Schule unseres Enkels. Ich habe oft davon geträumt – und das Wunder ist: Es ist wahr geworden! Jetzt können wir unseren Enkel von der Schule abholen, da seine Eltern in neuen Jobs sind und wie alle Londoner ‚on the run‘!
Wie viele Aufgaben wir haben! Und natürlich gibt es da auch noch das Yoga. Wir müssen es vor kommerziellen Trends schützen und seine Authentizität bewahren. Es gibt uns die Kraft, die wir für dieses nomadische Leben brauchen – ein Leben, in dem wir an vielen Orten leben und uns niederlassen, um Verbindung zu schaffen.
Sich im großen, weiten Netz Londons zu verbinden, ist eine neue und große auch schwierige, aber gewünschte Herausforderung.
Ich lese ja sehr gerne Deinen Blog. Hier bin ich aber etwas nachdenklich geworden:
Wikipedia “Im Oktober 2024 gehörte Vuong zu den Unterzeichnern eines Aufrufs zum Boykott israelischer Kulturinstitutionen”
Da geht es ja nicht um die Regierung in Israel, sondern darum, dass man grob un undifferenziert Künstler und andere Kulturschaffende indirekt als Komplizen bezeichnet und sie aus der Weltgemeinschaft entfernen will.
Das hier passt dazu:
https://queernations.de/buendnis-gegen-antisemitismus-in-der-queeren-szene-gegruendet/
https://queernations.de/die-verqueerung-des-antisemitismus/
Wie siehst Du das? Mich macht es sehr nachdenklich.
LG Alexandra
Liebe Alexandra,
ich finde es unmöglich das deutsche Universitäten jüdische Professoren ausladen, weil sie Unruhe fürchten. Das schrieb ich schon in einer blogpost. Gerade staatliche deutsche oder kirchliche oder gar muslimische Kultureinrichtungen sollten jetzt ausgegrenzte jüdische Künstler einladen!
Aber sie tun es eben nicht! Gerade las ich wie ein Münchner Orchester, mit jüdischen Musikern, das ganz dem Frieden verpflichtet ist, wieder ausgeladen wurde (gecancelt). Da sieht man doch die Feigheit und Verlogenheit.
Aber zum Boykott der vom israelischen Staat unterstützten und geführten Kulturinstitute aufzurufen ist eine andere Sache. Wie sonst soll ein so kritischer und dem Frieden verpflichteter Geist, wie Ocean sonst denn seinen Protest gegen die israelische, sehr rechte, derzeit auch weltweit geächtete Kriegspolitik deutlich machen? Natürlich an den vom Staat geführten Einrichtungen.
Der globale Süden sieht die Israel Politik mit Entsetzten. Da spielen sich ganz andere Diskussionen ab, als bei der EU und der USA. Wir haben eine sehr verschleierten Sicht und bewegen uns im Nebulösen. Wie viele jüdische Künstler sind auf den Barrikaden gegen die Staatspolitik Israels? Mit denen bin ich solidarisch.